“Fliegen ist die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen. Ein Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursacht zum Beispiel pro Person eine Klimawirkung von rund drei Tonnen CO2.” (Quelle: Umweltbundesamt)
Solche oder ähnliche Aussagen findet man häufig, wenn man sich über die Effizienz von Transportmöglichkeiten wie Auto, Flugzeug und Bahn informieren möchte. Es gibt keine Zweifel an der grundsätzlichen Aussage, dass Fliegen klimaschädlich ist. Jedoch ist die verallgemeinernde Aussage, dass das Fliegen grundsätzlich immer die klimaschädlichste Art der Fortbewegung ist aus meiner Sicht nicht richtig. Wie viel Energie notwendig ist, um von A nach B zu kommen, hängt von vielen Faktoren ab.
Energieeffizienz - eine schwierige Berechnung
Es lässt sich nicht ohne Annahmen feststellen, wie viel Energie notwendig ist, um beispielsweise von Wien nach Lissabon zu kommen. Angenommen man fährt mit dem Auto und möchte die dafür benötigte Energie berechnen. Dann muss man sich folgende Fragen stellen:
- Um welche Art von Auto handelt es sich?
- alt/ neu
- Benzin/ Diesel/ LPG/ Elektro
- Verbrauch
- Wie viele Personen befinden sich im Auto?
- Was wird alles zum Energiebedarf gerechnet?
- Rechnet man die Herstellung dazu?
Diese Gedanken lassen sich auch auf andere Transportmöglichkeiten übertragen. Es soll anhand dieses Beispiels lediglich gezeigt werden, dass es nicht die eine Antwort auf den Energiebedarf im Transportwesen geben kann. Beispielsweise unterscheiden sich herkömmliche Autos in Europa hinsichtich Größe und Verbrauch wesentlich von jenen in den USA. Untersuchungen zeigten, dass der Spritverbrauch je 100 \, \text{km} in den USA um über 50 \, \% höher als jener in Europa liegt. (Quelle: Spiegel)
Zahlen lügen nicht
Da es sich um verschiedene Transportmittel handelt, ist es notwendig sich ein gemeinsames Maß zu suchen, nach welchem wir diese ordnen und bewerten können. Da sowohl das Auto, das Flugzeug als auch die Bahn eine unterschiedliche Anzahl an Personen befördern können, ist es ratsam sich bei der benötigten Energie immer auf eine Person zu beziehen. Außerdem berechnen wir die benötigte Energie stets pro \text{km} , damit auch unterschiedliche Distanzen handhabbar sind.
Die Einheit der Wahl ist also die Energie (in Megajoule \mathrm{MJ} ), die pro Person ( \mathrm{p} ) und Kilometer ( \mathrm{km} ) benötigt wird, abgekürzt 1 \frac{\mathrm{MJ}} {\mathrm{p} \mathrm{km}} .
Für ausgewählte Verkehrsmittel finden sich im untenstehenden Diagramm für verschiedene Transportmittel die aufzubringenden Energien pro Person und Kilometer. Die Säulen im Diagramm beginnen nicht bei 0 , da eine minimale Energie notwendig ist, um das jeweilige Verkehrsmittel zu betreiben – unabhängig davon, wie viele Personen das jeweilige Transportmittel nützen.
Beispiel Kleinwagen
Wie kommen diese Werte eigentlich zustande? Ein Kleinwagen (Ford Fiesta, …) verbraucht in etwa 5 Liter Diesel je 100 Kilometer. Dies entspricht 0,05 \, Litern je Kilometer. In einem Liter Diesel steckt eine Energie von 35,3 \, \mathrm{MJ} . Damit ergibt sich schlussendlich eine benötigte Energie pro Person von 0,05 \, \mathrm{l} \cdot 35,3 \frac{\mathrm{MJ}}{\mathrm{l}} \approx 1,8 \, \mathrm{MJ}. In Anbetracht der Tatsache, dass der Verbrauch für einen Kleinwagen geschätzt wurde, wird eine konservative Schätzung vorgenommen, sodass die obere Grenze durch 2 \, \frac{\mathrm{MJ}}{\mathrm{p} \mathrm{km}} bestimmt wird.
Bei Anwesenheit einer zustätzlichen Person halbiert sich dieser Wert. Es gilt zu beachten, dass bei vier Personen im Kleinwagen der Wert auf ein Viertel sinkt. Hier gilt also: Je mehr desto besser. Für die Werte der SUVs wurden lediglich höhere Verbrauchswerte angenommen.
Für die Berechnung des Energiebedarfs von Flugzeugen wurden offizielle Herstellerangaben verwendet, die sehr gut klingen (Quelle: Hessenschau.de, munich-airport.de). Boeing gibt für die Baureihe Dreamliner einen Verbrauch von 2,5 Litern Kerosin je Passagier und 100 Kilometer an. Airbus steht dem laut eigenen Angaben um nichts nach und gibt ebenfalls Werte in dieser Größenordnung an. Diese Werte sind lediglich Angaben der Hersteller und nicht überprüft. Aus diesem Grund sollten diese Werte mit Vorsicht genossen werden, vor allem im Hinblick auf den Wettbewerb zwischen Boeing und Airbus. Geht man allerdings von diesen Verbrauchsangaben aus, so erhält man die in der Abbildung dargestellten Werte für die aufzubringenden Energien.
Flugzeug - ein Effizienzwunder?
Verglichen mit den Automobilen sind Flugzeuge durchaus konkurrenzfähig in Bezug auf die Energieeffizienz. Vor allem schneiden sie wesentlich besser ab als SUVs. Im Vergleich zum Kleinwagen sieht es mit den Herstellerangaben auch sehr gut aus – es sollte allerdings bedacht werden, dass bei den Flugzeugen von einer vollständigen Auslastung ausgegangen wird. Geht man auch bei einem modernen Kleinwagen von einer vollständigen Auslastung aus, so ist dieser sicherlich energieeffizienter als das Flugzeug bzw. dringt sogar in Bereiche von Zug und Bahn vor.
Zug und Bahn
Jedoch kann kein Transportmittel mit dem Bahn-/ Zugverkehr mithalten. Selbst ältere Hochgeschwindigkeitszüge wie der Shinkansen in Japan sind energetisch wesentlich effizienter (\approx 0,35 \, \frac{\mathrm{MJ}}{\mathrm{p} \mathrm{km}} ) als die Verkehrsmittel, welche auf fossile Energieträger setzen. Moderne Versionen in Europa wie der TGV in Frankreich oder der ICE in Deutschland erreichen Werte von etwa 0,2 \, \frac{\mathrm{MJ}}{\mathrm{p} \mathrm{km}} (Quelle: Numbers don’t lie.).
Energieeffizienz verschiedener Transportmittel
Es hat sich gezeigt, dass die Aussage des Umweltbundesamtes zu Beginn des Artikel streng genommen falsch ist. Es wird versucht einen komplexeren Zusammenhang vereinfacht darzustellen – aus meiner Sicht zu einfach. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es in Deutschland nahezu 60 \, \mathrm{Mio.} zugelassene Fahrzeuge gibt (Quelle: statista.de) wäre es auch eine interessante Idee, die Anzahl an PKWs zu verringern. Sieht man sich die Autodichte im EU-Vergleich an, so zeigt sich ein ähnliches Bild (siehe Abbildung).
Aus Perspektive einer effizienten Nutzung von Energie führt kein Weg vorbei am Ausbau von Schienen- und Bahnverkehr, da viele Personen möglichst energieeffizient transportiert werden können.
Woher habe ich meine Informationen?
Ich habe viele Informationen aus dem Buch Numbers don’t lie von Vaclav Smil. Dabei werden viele Themen der aktuellen Zeit wie Überalterung, Energiewende und Klimaschutz anhand von Zahlen und Fakten aufgearbeitet.
