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Digitale Lernmaterialien – Wie soll ein Video aussehen?

Flipped Learning und die kognitive Belastung

Im Rahmen eines Flipped Learning-Settings ist es notwendig, dass die digitalen Lerninhalte passend gestaltet sind. Im konkreten Fall bedeutet “passend”, dass die kogntive Belastung durch das Ansehen der digitalen Lerninhalte (meist Videos) nicht zu hoch ist. Die kogntive Belastung kann man nach (Chandler et al., 1991) in drei Bereiche unterteilen:

  • intrinsische Belastung
  • extrinsische Belastung und
  • lernförderliche Belastung
Die intrinsische kognitve Belastung steht in engem Zusammenhang mit der Anzahl der zum Verständnis notwendigen Teilaspekte eines Sachverhaltes. Je mehr Teile zu einem großen Ganzen zusammengefasst werden müssen, desto mehr wird das Arbeitsgedächtnis gefordert, sodass die intrinsische Belastung ansteigt. Die extrinsische Belastung steigt an, wenn unnötige Informationen, Darstellungen  oder Inhalte in die Lerninhalte miteingebunden werden. Außerdem erhöhen Verweise die extrinsische Belastung. Im Gegensatz zu den genannten kognitiven Belastungen hat eine lernförderliche Belastung in Form von Lernhilfen und/ oder Lernstrategien eine positive Auswirkung auf das Verständnis der jeweiligen Inhalte. Dies ist jedoch nur dann gegeben, wenn die intrinsische und extrinsische Belastung nicht zu hoch sind.

Wie soll ich ein Lernvideo gestalten?

Die Qualität eines Lernvideos kann durch die Beachtung 12 Multimediaprinzipien nach (Mayer, 2020) wesentlich gesteigert werden. Diese gehen aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervor, welche den Lerneffekt von Lernenden untersuchten. Die daraus gewonnenen Prinzipien sind in den folgenden Tabellen dargestellt.

Prinizipien zur Entlastung der extrinsischen
Belastung
Konsequenz für die Gestaltung und Darstellung von Lernmaterialien
KohärenzprinzipIrrelevante Wörter, Bilder und Töne sollen vermieden
werden.
SignalprinzipHinweise, die die Organisation wesentlicher Lernelemente hervorheben, sind hilfreich.
RedundanzprinzipWenn Grafiken, Abbildungen mit einer verbalen Schilderung präsentiert werden, wird kein simultaner Text dazu benötigt.
Räumliches KontiguitätsprinzipZusammengehöriger in Text und Bild sollen räumlich zusammen und nicht weit auseinander präsentiert werden.
Zeitliches KontiguitätsprinzipZusammengehöriger Text und Bild sollen simultan und nicht nacheinander dargestellt werden.

Prinzipien zur Unterstützung wesentlicher mentaler ProzesseKonsequenz für die Gestaltung und Darstellung von Lernmaterialien
Segmentierungsprinzip Lerneinheiten sollen in Teileinheiten aufgeteilt und
nicht als eine Gesamteinheit angeboten werden. Lernende sollen in ihrer eigenen Geschwindigkeit die Einheiten bearbeiten können.
Prinzip des VorwissensBessere Lerneffekte werden erzielt, wenn vor der Bearbeitung des multimedialen Lernmaterials wesentliche
Konzepte, Begriffe und Bezeichnungen der Lerninhalte bekannt sind.
ModalitätsprinzipStatt einem erklärenden Text zu einer Abbildung oder
Grafik soll ein gesprochener Text angeboten werden.

Prinzipien zur Förderung generativer ProzesseKonsequenz für die Gestaltung und Darstellung von Lernmaterialien
Multimediaprinzip Statt nur Lerntexte anzubieten, sollen Texte und dazugehörige Bilder verwendet werden.
PersonalisierungsprinzipBessere Lernergebnisse werden erzielt, wenn der Text
nicht in einer formalen Sprache, sondern in einen dialogorientierten Stil formuliert ist.
Stimmeprinzip Menschliche Stimmen sind computergenerierten Stimmen vorzuziehen.
Bildprinzip Es wird nicht besser gelernt, wenn der/die Sprecher/in
einer multimedialen Präsentation auch zu sehen ist.

Die dargestellten Prinzipien müssen oder können häufig nicht alle umgesetzt werden, aber sie erleichtern die erstmalige Erstellung von Lernvideos. Es ist zudem ratsam, dass von den Lernenden Feedback eingeholt wird, sodass auch abseits dieser Prinzipien, welche lediglich als Anhaltspunkte dienen, Verbesserungen erreicht werden können. 

Quellen

Chandler, Paul und John Sweller (1991). ”Cognitive load theory and the format of instruction“. In: Cognition and instruction 8.4, S. 293–332

Mayer, Richard E. (2020). Multimedia Learning. 3. Aufl. Cambridge University Press. doi: 10.1017 /9781316941355

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