Das Zwei-Grad-Ziel
Nach dem Pariser Klimaabkommen von 2015 haben sich fast alle Staaten darauf geeinigt, dass die globale Erwärmung (deutlich) unter 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bleiben soll. Zwei Grad Celsius hören sich im ersten Moment vielleicht nicht nach viel, können aber wesentliche Veränderungen für den Planeten mit sich bringen. In diesem Artikel soll es aber nicht vorwiegend um das Zwei-Grad-Ziel gehen, sondern um eine durchaus interessante Geschichte aus der Tierwelt. Diese soll zeigen, dass zwei Grad Celsius den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen können.
Asiatische Riesenhornisse vs. Honigbienen
Die vor allem in Japan heimische asiatische Riesenhornisse (Vespa mandarinia) gehört zu den größten Hornissen der Welt. Eine Königin kann bis zu 5,5 cm groß werden, Arbeiterinnen schaffen es immerhin auf etwa 4 cm. Im Vergleich dazu erreichen Honigbienen nur in etwa ein Fünftel/ Viertel der Größe.
Auf Grund der beachtlichen Größe und des energieintensiven Fluges benötigt die asiatische Riesenhornisse eine spezielle Ernährung, welche überwiegend aus Proteinen und Zucker besteht. Dahingehend stellen Bienenvölker eine geeignete Nahrungsquelle dar, da Bienen einerseits selbst sehr proteinreich sind und andererseits Zucker in Form ihres Nektars in ihren Bienenstöcken bereitstellen. Jedoch haben asiatische Bienenvölker eine interessante Art der Selbstverteidigung gefunden:
Die Bienen bilden bei Angriff der Riesenhornissen einen Ball um diese und erhöhen ihre Körpertemperatur von 35 °C auf 47°C – 48 °C. Diese Temperatur liegt in etwa zwei Grad über der Temperatur, welche für die Riesenhornisse erträglich ist.
Riesenhornisse gegen Honigbiene aus Sicht der Physik
Aus Sicht der Physik stellt sich die Frage, welche zusätzliche Energie notwendig ist, damit die Körpertemperatur der Bienen über einen längeren Zeitraum derart erhöht werden kann. Welche Energie müsste im Vergleich dazu ein Mensch aufbringen?
Um den Energieaufwand einer Biene zu berechnen, müssen wir einige Annahmen machen:
- 500 Bienen bilden einen Ball mit einem Durchmesser von 4.0 \, \text{cm}
- Der Emissiongrad \varepsilon soll 0.80 betragen.
- Innerhalb des Balles soll eine gleichmäßige Temperaturverteilung sein – die Temperatur ist überall gleich.
- Der Ball wird für eine Dauer 20 \, \text{min} bei Aufrechterhaltung von einer Temperatur von T = 47^\circ \text{C} gebildet.
- Energieverluste stellen sich vor allem durch Wärmestrahlung ein.
Für die Berechnung benötigen wird das Stefan-Boltzmann-Gesetz, welches die Strahlungsleistung P in Zusammenhang mit der Temperatur T bringt. Es gilt mit der Stefan-Boltzmann-Konstante \sigma und der Oberfläche des Körpers A :
P = \sigma \cdot A \cdot \varepsilon \cdot T^4
Diese Gleichung gilt sowohl für Absorption als auch Emission. Die zusätzliche Strahlungsleistung P_{\text{net}} des Balles ergibt sich aus der Differenz der “normalen” Strahlungsleistung P_{\text{norm}} und der wirklich emittierten Strahlungsleistung P_{\text{emit}} , also P_{\text{net}} = P_{\text{norm}} – P_{\text{emit}}. Da die Bienen Energie aufbringen müssen, ist die Strahlungsleistung des Balles negativ. Mit den Temperaturen T_1 = 273 + 35 =308 \; \text{K} und T_2 = 273 + 47 =320 \; \text{K} gilt:
\begin{array}{rl} P_{\text{net}} &= P_{\text{norm}} – P_{\text{emit}} \\[0.5em] &= \sigma \cdot A \cdot \varepsilon \cdot (T_1^4 – T_2^4) \\[0.5em] &= 5{,}670 \cdot 10^{-8} \; \mathrm{\frac{W}{m^2 K^4}} \cdot 4 \pi (0.02 \; \mathrm{m}) ^2 \cdot 0.80 \cdot (308^4 – 320^4) \; \text{K}^4\\[0.5em] & = – 0.34 \; \mathrm{W} \end{array}
Für die gesamte notwendige Energie E ergibt sich bei einer Dauer von \mathrm{t} = 20 \; \mathrm{min} = 1200 \; \mathrm{s} :
E = |P_{\text{net}}| \cdot t = 408 \; \mathrm{J} . Je Biene ergibt sich dadurch eine zusätzlich aufzubringende Energie von \frac{408 \; \mathrm{J}}{500} = 0.82 \; \mathrm{J} . Auf einen Menschen mit 70 \; \mathrm{kg} würde sich damit eine zusätzlich notwendige Energie von etwa 600 \; \mathrm{kJ} oder 143 \; \mathrm{kcal} ergeben. Dies ist durchaus beachtlich.
Wir sehen, dass kleine Temperaturänderungen dramatische Folgen haben können, die sogar tödlich enden können. Wer’s nicht ganz so dramatisch haben möchte, aber dennoch sich über Auswirkungen von kleinen Temperaturveränderungen Gedanken machen möchte, kann sich gerne den Aritikel Umweltsünde – Duschen? ansehen.